Sydney, Part 1

(Bilder aus Sydney gibts hier.)

Weiter geht es also mit Sydney, wo ich am Freitagmorgen (13.04.) nach 14 Stunden Zugfahrt angekommen bin.
Empfangen wurde ich von Aaron (um 7 Uhr morgens), den ich über couchsurfing.com getroffen habe.

Aaron


Und hier muss ich eine Lanze für couchsurfing.com brechen. Es ist fantastisch!

Dabei handelt es sich um eine Internetcommunity, die sich dem Reisen verschrieben hat. Mitglieder geben an, wo sie wohnen und ob sie eine freie Couch haben oder ob sie Herumreisende einfach mal ihre Stadt zeigen möchten. Nachdem man also die Profile gelesen hat, kann man sich entscheiden, ob man den ‚couchsurf’ wagen will und schreibt die Leute einfach an, die dann entscheiden, nachdem sie das Profil des Bewerbers gelesen haben, ob sie Zeit und Platz haben, jemanden zu beherbergen. Alles ist interaktiv. Das heißt, die Profile enthalten Bewertungen und Referenzen anderer Mitglieder, die einen bereits getroffen haben, so ähnlich wie bei ebay, nur dass statt Waren Menschen angepriesen werden. Das Ganze funktioniert hervorragend und ist mehr als nur eine temporäre Mode: es sind über 240 000 Mitglieder registriert in so ziemlich allen Ländern (217!) dieser Welt.
Vielen Dank an das Pillhuhn, das mich dazu gebracht hat, es einfach mal auszuprobieren.

Man lernt viele interessante Leute kennen, die zum Teil seit Jahren in der Stadt leben und ziemlich viel herumgekommen sind, was sich meistens in einem sehr umgänglichen Charakter ausdrückt. Außerdem ist das gegenseitige Vertrauen ungewöhnlich hoch, vor allem wenn man bedenkt, dass man sich im Grunde ja nicht kennt und man erst mal einem Fremden gegenüber steht. Ich schätze mal, dass diese Menschen einfach wissen, wie es ist herumzureisen und das schon kleine Dinge wie ein sauberes Zimmer, eine warme Dusche oder einfach Insider-Tipps für die lokale Umgebung für Herumreisende extrem viel bedeuten. Außerdem ist es eine einfache Möglichkeit, Leute von außerhalb zu treffen und sich mal quasi als Tourist in der eigenen Stadt zu fühlen.

So hat mir Aaron die Schlüssel zu seinem Haus gegeben, dass in der Woche darauf renoviert werden sollte, wodurch es komplett leer stand. Nachdem er einen Kaffee mit mir getrunken hat und mir eine Karte von Sydney mit den besten Reisezielen gezeichnet hat (!), ist er zur Arbeit gegangen und hat mir einen guten Tag gewünscht.

Aaron's place


Das ist ziemlich unglaublich. Ich meine, er kannte mich nicht und hat mir gleich die Schlüssel zu seiner Wohnung gegeben, wo ich alles Mögliche hätte anrichten können. War ich anfänglich noch skeptisch ist meine Haltung in Begeisterung umgeschlagen. Zurück in Deutschland werde ich auf jeden Fall versuchen eine Couch anzubieten.

Ich hatte also den gesamten ersten Tag noch vor mir und bin durch Sydney gelaufen. Die Stadt ist sehr unterschiedlich zu Melbourne. Nicht durchgeplant, keine Karomuster und wesentlich mehr im Sinne einer europäischen Stadt, die sich entwickelt hat und nicht geplant wurde. Aaron hat mir erzählt, dass die Briten nur wenig Interesse an einem wohldurchgeplanten Sydney hatten, da es sich aus ihrer Sicht nur um eine Sträflingskolonie handele, die nicht gut aussehen müsse. So sind beispielsweise die Straßen einfach über die alten Aborigine-Pfade gelegt worden und die Gebäude hochgezogen worden, wo gerade Platz war.





dogsmap
Über den Botanic Garden bin ich dann zum Opera House gegangen, natürlich dahin, wo alle Touristen hingehen. Aber nur weil es alle machen, heißt das noch lange nicht, dass es schlecht ist oder gut. Eigentlich heißt es gar nichts. Das ist wie wenn man die Wichtigkeit von Medizin oder Jura mit ihren überquellenden Anfängerzahlen korreliert.
Jedenfalls gibt es Bilder dazu…

Das Opera House ist wirklich schön und beeindruckend; ich bin nicht ins Innere gegangen, denn dazu muss man die Karten Ewigkeiten vorher buchen und mein Interesse an klassischer Oper ist nach wie vor begrenzt. Die Außenansicht ist aber auch genug. Was man oft übersieht auf den Bildern ist die Position des Opera House: es ist mitten in der Hafengegend, die ganzen Hochhäuser im Hintergrund und sehr nah an Darling Harbour, wo sich das eigentlich Nachtleben abspielt. Erst mit diesem Hintergrund wird es etwas ganz besonderes, das Gebäude an sich verliert nach einer Weile eben doch seinen Reiz; starrt es nur lange genug an und ihr werdet schon sehen.







Opera houseOpera House2Opera House3

Couchsurfing funktioniert nicht nur mit Leuten, die aus unterschiedlichen Kontinenten kommen und auf Durchreise sind. Auch Leute, die in derselben Stadt wohnen, treffen sich und bilden kleine, lokale Couchsurfing-Netzwerke (horizontales couchsurfen, sozusagen). Davon konnte ich mich gleich am ersten Tag überzeugen als es am Abend mit zehn Leuten in die Nachtszene Sydneys ging. Sehr nette Menschen, die sich, da sie schließlich in Sydney wohnen, enorm gut auskannten und mich in die besten Pubs mitgenommen haben. Einfach klasse und sehr merkwürdigen Geschichten: Nari, eine chinesische Französin, deren Stiefmutter Deutsche ist, war sogar in Stuttgart-Vaihingen während der WM, very random storry…
Sydneys Couchsurfer sind auf dem nachfolgenden Bild zu sehen.
(Lorenzo, Ashley?, Demian, Nari, Aaron, Mirjam, Moby aka Craig)

couchsurfers Sydney


Mit Mirjam, einer Krankenschwester aus Holland, die hier ein Jahr Work-and-Travel macht, bin ich am nächsten Tag nach Menley Beach gegangen, wo wir dann zusammen mit Lorenzo und Giotana den Tag verbracht haben.

Giotana and Mirjam

Giotana ist ein Italiener, der vor drei Jahren beschlossen hat die Welt mit seinem Motorrad und einem Ein-Mann-Zelt zu bereisen. So hat er in Italien seine Reise begonnen, ist über Osteuropa nach Asien gefahren und hat es dann über allerlei Umwege nach Australien geschafft, wo er jetzt für ein Jahr arbeiten will, da er Geld braucht für seine Weiterreise nach Südamerika. Wenn alles gut läuft, ist er vielleicht innerhalb der nächsten zwei Jahre zurück in Italien. Klingt interessant? Dann schaut euch erstmal Giotanas Homepage an...

Den Abend über habe ich dann bemerkt, dass in New South Wales das Pokerspielen erlaubt ist. Da an diesem Abend nicht zuviel los war, habe ich (natürlich) mein Glück versucht und bin bei einem der Turniere eingestiegen, im Jade Tavern in Chinatown. Das klingt jetzt mehr anrüchig als es war. Auf jeden Fall eine lustige Abendbeschäftigung bei der ich leider nichts abräumen konnte. Ich kam an den Final Table und war mit meinen Chips im vorderen Drittel, habe dann aber die Geduld verloren und bin All-In mit Ass-Bube unsuited, was in der Situation schon sehr fragwürdig war. Folgerichtig wurde ich gecallt, von einer schwächeren Hand zwar, die aber dann dennoch gewinnen konnte. Meistens ist es eben doch nur ein Münzwurf.

Nichtsdestoweniger, mir hat es gefallen und es bringt das eigene Spiel echt weiter mit halbprofessionellen Spielern zu spielen, die vielleicht nicht mit allen Wassern, aber wenigstens mit den Meisten, gewaschen sind.

Melbourne

(Bilder wie immer bei sevenload.)

Nach den Grampians ging es also nach Melbourne vom Ostermontag bis Donnerstag (12.04.) geblieben bin.

Meine Zeit dort habe ich in einem Backpackers Hostel verbracht, in der Nähe des Stadtzentrums.

Also hier ein paar Facts: Melbourne ist die Hauptstadt von Victoria, die zweitgrößte Stadt Australiens mit 3.7 Millionen Einwohnern und ist eine geplante Stadt, was sich am quadratisch unterteilten Stadtzentrum ablesen lässt.

Im Backpackers war es sehr interessant, man trifft schon sehr viele Leute aus aller Welt dort. Außergewöhnlich viele Deutsche, die auf der Suche nach sich selbst sind oder so, aber man konnte die, wenn man wollte, auch umgehen. Meine indischen Zimmergenossen haben zudem spontan beschlossen mich in die lokale Inder-Community reinzuadoptieren und wollten mir kaum glauben, dass ich nicht aus Bombay oder wenigstens Umgebung komme.

backpackers


Es ist überhaupt sehr amüsant für was ich schon alles gehalten wurde: Inder, Franzose, Italiener, Grieche, Iraker, Iraner, Österreicher, Spanier und ein paar andere an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich werde das in Zukunft auf der linken Navigationsleiste festhalten. Insgesamt ist der Umgang mit Nationalitäten hier sehr relaxt, im Grunde interessiert es die Leute nur als Small-Talk-Thema, um ins Gespräch zu kommen und den fremdsprachigen Akzent einzuordnen. Eine sehr angenehme Atmosphäre zu Deutschland, wo es doch gelegentlich vorkommt, dass man in gebrochenen Deutsch angesprochen wird und Leute es kaum fassen können, dass der Deutsche nicht mehr Deutsch aussehen muss.

Es ist schon unglaublich, wie beliebt Australien zurzeit für Europäer ist. Amerika ist als In-Land abgelöst und jeder, absolut jeder hier, ist Experte in US-Politik und Sonderbotschafter für Dämonisierung der USA, fast schon widerlich wie sehr Leute es genießen den USA eine auszuwischen ohne auch nur annähernd über die kurzfristige Geschichte hinauszugehen. Interessantes dazu schrieb auch Andreas C. Lazar hier und hier...

Zudem widme ich ihm das nachfolgende Bild ;-)

scientology


Na ja, also den Rest der Zeit habe ich damit verbracht die Stadt zu erkunden, was auch sehr schön war. Melbourne ist völlig anders als Adelaide, hat Hochhäusern und riesige Modeboutiquen, viel eher wie eine Weltstadt also.
Was mich wirklich beeindruckt hat, waren die futuristischen (ich weiß, ich weiß, das Wort ist schrecklich, aber hier ists wahr) Bauten. Die Gebäude haben echt gewagte geometrische Muster und die Architekten hatten ihre helle Freude an Melbourne und sich da ordentlich ausgetobt. (Die Bilder gibts auch größer: einfach anklicken!)







melbourneskyscrapersSouthern Cross
Am Mittwoch habe ich Lucy getroffen, meine Mitbewohnerin aus Adelaide, deren Eltern in Melbourne wohnen und die mich ein wenig durch die Stadt geführt hat. Melbourne ist eine Stadt durch die man wirklich geführt werden muss. Es gibt unzählige Seitengassen, die man nie betreten würde, die aber vollgestopft mit kleinen, gemütlichen Restaurants und Cafes sind. Die sieht man nur, wenn man weiß, dass da was ist. Dieselbe Regel gilt für Night-Clubs, die kaum Werbung machen und die in den Seitengassen gezielt angesteuert werden müssen. Man muss also ständig auf dem Laufenden bleiben, um die angesagtesten Clubs zu kennen.






SidewayMall
Dominant ist auch das Crown-Casino, das Größte in der südlichen Hemisphäre (die Worte aus der Werbebroschüre), in dem unter anderem No-Limit Texas Holdem gespielt wird. Und als ich da war, gab es ein Free-Satellite-Tournament für einen Platz in der World Series of Pokers 2007 in Las Vegas. Ich wollte natürlich mein Glück versuchen und mitmachen, aber leider hatte ich meinen Pass nicht mit und ohne war die Anmeldung nicht möglich. Schade, schade,…(Die Bilder gibts auch größer: einfach anklicken!)





CrownCrownCrown
Das gute war aber, dass dort ich Scotty (von dem ich leider kein Bild finden kann) getroffen habe, der mich dann ein wenig in das Nachtleben Melbournes eingeführt hat und mir die Gegend gezeigt hat. Eine sehr spontane Sache, die typisch für die Menschen hier ist: einfach mal jemand Fremden die Stadt zu zeigen, wäre eine ziemlich seltene Sache für Deutschland…

Aber Deutschland ist nie ganz fern, denn ich durfte die Expansionsgelüste von ALDI bewundern:


ALDI


Insgesamt hat mir Melbourne gefallen und die Stadt ist schon ausgefallen und es gibt einiges zu sehen. Insbesondere funktioniert hier das öffentliche Transportsystem wesentlich besser als in Adelaide. Es ist schon angenehmer eine Straßenbahn zu nehmen, die auf die Minute ankommt als einen Bus mit plus minus fünf Minuten Varianz in der Ankunftszeit, wie es üblich ist in Adelaide. Dadurch, dass ich im Backpackers war, habe ich nicht zu viele Leute aus der Umgebung getroffen, was ich etwas schade fand, da man dadurch mehr als die Touristenattraktionen einer Stadt zu sehen bekommt. Aber gut, ich gebe Melbourne auf jeden Fall eine zweite Chance und werde es mir noch mal genauer anschauen.

Es ging dann am Donnerstagabend mit dem Zug in einer 14-Stunden-Fahrt nach Sydney.